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Freie Erzählung zum Thema "Wie stellst Du Dir Deine Zukunft vor?"

Alles zu Aufsätze, Essays, Kommentare, Beschreibungen

Christian Teichmann Deutschhausaufgabe zum 08.03.00



Spiegelbilder
Obwohl ich vom letzten Erlebnis auf dem Dachboden meiner Tante noch ziemlich geschockt war, wagte ich mich ein viertel Jahr später wieder hinauf. Es war schon gegen neun Uhr abends und draußen war es sowieso dunkel, so daß in dieser Einöde nur die Alternative Fernseher bestand – nicht gerade sehr verlockend. Irgend etwas zog mich außerdem förmlich dahin und wie ich so an der Kiste vorbei ging, die wahrscheinlich immer noch die Unterlage für Gläserrücken enthielt, erinnerte ich mich daran wie ich vor etwa drei Monaten damit experimentiert und fast einen Herzschlag bekommen hatte. Das andere spiritistische Kram lag auch noch an seinem angestammten Platz.
Vorerst beschloß ich, diesmal nirgendwo anzustoßen, um mich nicht wieder zu Tode zu erschrecken. Als mein Blick so über die Peripherie streifte fiel ein mit weißem Betttuch bedeckter Gegenstand auf, der ganz hinten an der Wand stand. Das interessierte mich jetzt aber! So durchstreifte ich langsam den Boden und kam vor dem etwa 1,80 hohen Ding an. Vorsichtig hob ich das Laken an und erblickte ... einen in Gold eingefaßten Spiegel. Der Rahmen war mit Ranken verziert, die mystische Gestalten umschlangen. Um alles zu sehen zog ich das Tuch komplett herunter. Als ich behutsam über den Goldrand strich leuchtete das Spiegelglas plötzlich auf und glitzerte noch weiter. Was ist hier eigentlich los? Das letzte Mal sind die Kugeln bestimmt nur heruntergefallen, weil sie von einem leichten Windstoß erfaßt worden waren, aber wie war das jetzt zu erklären. Ich hielt Ausschau nach der Lampe und vermutete einen Lichtreflex, doch wie erschrak ich, als meine Hand den Spiegel berühren wollte und lediglich eine unangenehme Kälte, aber keinen Widerstand vom Glas verspürte. Aber bevor ich überhaupt richtig Panik darüber bekommen konnte wurde ich blitzschnell durch den Spiegel gezogen, von einer Kraft, die jeglicher physikalischen Erklärung entbehrte.
Ich fand mich in einer Straße wieder, die mich an verschiedene utopische Filme erinnerte. Besonders die Autos hatten ein nahezu kurvenloses Design, ähnlich den neusten Modellen der letzten Automobilmesse, nur dass diese ca. Einhunderttausend Mark kosteten und hier als Massenprodukte herumkurvten. Mit einem Mal sprach mich ein Mann, Ende dreißig an und fragte, warum ich hier auf dem Bürgersteig läge und ob er mir helfen könne. Ich war völlig verdutzt und fragte erst einmal nach der Uhrzeit, denn es war hellichter Tag! Er sagte etwas von 17 Uhr dreißig. Das hieß mir fehlten ungefähr 20 Stunden! Oder vielleicht sogar mehrere? Ich mußte das Datum wissen, also befragte ich den hilfsbereiten Mann noch einmal und er sagte es sei der einunddreißigste Tag der zweiten Periode. Oh mein Gott das hieß Februar. Eben war noch November verdammt wo war ich hier nur hingekommen!!!
Ich fragte ob der Herr mir helfen könnte, ich hätte mich verlaufen – und das war der Wahrheit von allen möglichen Erklärungen immer noch am nächsten. Da mir jeglicher Durchblick fehlte beschloß ich, mich einfach treiben zu lassen, wahrscheinlich erlebte ich ja doch nur einen Tagtraum, weil unter dem ganzen spiritistischen Zeug irgendwo etwas halluzinogenes war. Gut, ich glaubte dieser Begründung selber nicht, aber wie war das hier sonst zu verstehen?
Wie auch immer, der Fremde fragte, ob ich Durst hätte und das hatte ich. In einem Café, das ziemlich modern eingerichtet war, erlebte ich die erste Überraschung, als dich der Mann vorstellte. Er hieß genau wie ich! Gut, was für ein Zufall; als wir Scherze machten, dass wahrscheinlich die Gemeinsamkeit im Namen ihn veranlaßt hat, mir zu helfen lockerte sich meine Anspannung langsam. Wir redeten weiter über Nebensächlichkeiten, doch als mein Namensvetter auf einmal sagte, er möge diese nostalgischen Cafés drängte sich mir doch die Frage auf, was hier eigentlich los ist. Eine Antwort bekam ich zwei Minuten später, als ein Herr, der von meinem Gegenüber gegrüßt wurde mit einer Zeitung in der Hand an den Tisch kam und ich, nach einem Blick auf das Titelbild (mal wieder ein Börsianer vor einem Tageschart), das Datum erblickte. Das hätte einen wirklich vom Hocker hauen können, Glücklicher, dass du den Stuhl genommen hast. Da stand sage und schreibe 2069!!!

Während der Mann mit der Zeitung schon wieder weg war blieb ich stocksteif und wahrscheinlich ziemlich blass sitzen. Auf jeden Fall wurde ich gefragt, ob mir denn unwohl wäre. Völlig fertig mit den Nerven und ohne einen nachvollziehbaren Grund fing ich an zu erzählen wie es dazu kam, dass ich in diesem Café sitze. Als ich fertig war erwartete ich, dass der Mann sein Handy aus der Tasche holt, die Klapse anruft und mich abholen läßt. Doch nach 5 Minuten hatte ich außer ein paar schweren Atemzügen noch immer keine Reaktion feststellen können. Ich schaute ihn daraufhin neugierig an, was er nach einigem Zögern mit der Frage: „Wann soll das gewesen sein?“ Völlig perplex antwortete ich: „November 1999.“ Nach einer kurzen Bedenkpause fragte er weiter: „Am vierundzwanzigsten?“ Ich entgegnete (mittlerweile wirklich verstört): „Ja! Woher weißt du...“ „Hör zu! Ich weiß alles über dich. Du bist in Nordhausen geboren, aufgewachsen und zur Schule gegangen und Deine Eltern heißen Lutz und Birgit. Außerdem hast Du eine drei Jahre jüngere Schwester. Richtig?“ Ich hätte gerne <Ja> gesagt, aber meine Kehle war wie zugeschnürt. Um meine Zustimmung auszudrücken nickte ich, woraufhin er fortfuhr: „ Ich hab da ‘ne Theorie, also zuerst das Groteske: Du bist ich bzw. ich bin du, wie auch immer, am 24.11.’99 hab ich ferngesehen, du nicht. Deswegen hast Du den Spiegel entdeckt ...“ Er hat das wohl noch weiter ausgeführt, mit Raum-Zeit-Kontinuum uns so etwas, aber das ist nicht mehr bis zu mir vorgedrungen. Zu sehr überwältigte mich die Vorstellung. Da es langsam Abend wurde lud er mich zu sich ein und da sich keine Alternative für mich bot willigte nahm ich dankend an. In seiner (oder muß ich sagen meiner) High-Tech-Wohnung, kam es dann zu einem Gespräch, das ich ungefähr so in Erinnerung habe:
Ich(17): Wie ist es Dir eigentlich ergangen, und warum siehst Du aus wie Ende dreißig obwohl Du Mitte 80 sein solltest?
Ich(86): Richtig, 86 aber ich muß zugeben, mit 65 sah ich schon schlechter aus, aber dann hat irgendein Pharmakonzern ein Zellaufbaupräparat entwickelt, dass mittels verschiedener Hormone den Anteil der undifferenzierten und daher erneuerbaren Zellen auf das dreifache erhöht. Das bedeutet, dass die Zellnachbildung sogar bei einigen Organen anfängt. Hauptsächlich wirkt es aber nur auf Zellen, die sich natürlich selbst regenerieren, also Haut, Muskeln und Haarwurzeln und so etwas. Die Lebenserwartung liegt bei etwa 180 Jahren, also schon durchaus gute Ergebnisse.
Ich(17): Stark! Was ist eigentlich so bezüglich Familie und so?
Ich(86): Nun, ja nach 33 Jahren Ehe ist meine Frau bei einem Autounfall gestorben, aber ich habe von ihr noch eine Tochter und mit der verstehe ich mich superklasse!
Ich(17): Das mit der Frau tut mir leid, aber wenn du mir das Datum sagst kann ich, falls ich je zurückkomme, es verhindern.
Ich(86): Ich denke es war im Februar, Februar 2045.
Ich(17): Aha. Und als was arbeitest Du?
Ich(86): Du weißt ja selber, wie schwer es für mich ist sich da festzulegen und dementsprechend sieht es auch bei meinen Jobs aus. Nach einem Wirtschaftsinformatik-Studium arbeitete ich ca. 27 Jahren als Informatiker. Dann hatte ich keine Lust mehr, außerdem hatte ich durch verschiedene Lizenzen auch noch ein akzeptables Nebeneinkommen und so widmete ich mich dem zweiten Gebiet meines Studiums: der Wirtschaft. Zuerst versuchte ich es als Anlageberater, später als Angestellter eines Fond-herausgebenden Unternehmens. Das waren 11 Jahre voll interessanter Arbeit, aber Börse hat das Problem, das viele jüngere es auch versuchen wollen. Dazu kam der Tod meiner Frau, und so hörte ich damit auf.
Doch 2047, wurde dann dieses Verjüngungsmittel, als Prototyp an Freiwillige herausgegeben. Wir wurden wirklich wieder wie frisch geboren, zumindest, wenn man als 65jähriger wieder in dem Körper eines Dreißigers ist. Nun, wie auch immer ich wurde daraufhin angesprochen, ob ich am „Settling-Projekt“ teilnehmen würde; mit meinen Informatikkenntnissen war ich ihnen einiges an Geld wert und das konnte ich nach zwei Jahren ohne Arbeit, wenn auch nicht dringend, so doch ganz gut brauchen.
Ich(17): Was ist das „Settling-Projekt“?
Ich(86): Oh, pardon, das konntest du natürlich nicht wissen. Also, 2022 wurden auf dem Mars wieder Erwarten nutzbare Wasservorkommen entdeckt, zwar unterirdisch, aber eben förderbar. Danach liefen weitere Programme und 2042 war eine Forschungsstation auf dem Mars eingerichtet. Wegen der extremen Überbevölkerung versuchte man schnellstmöglich den Mars als Lebensraum zu erschließen und so existierte schon 2045 im Anschluß an das Labor eine bewohnbare Stadt mit einer tragbaren Bevölkerungszahl von 50.000. Die Besiedlung wurde das „Settling-Projekt“ genannt. Ausgewählte Bevölkerung waren vorerst Wissenschaftler, die entsprechende Kenntnisse hatten, die Infrastruktur zu erweitern und den Platz zu vergrößern. Deswegen mußte ich noch ein 6 Semester Chemiestudium absolvieren, weil irgend jemand Chemie als Leistungskurs in meinem Zeugnis gefunden hatte Chemiker dringend gebraucht wurden.
Ich(17): Aber geht das denn? Auf dem Mars sind doch Temperaturen von weit unter 0°C im Durchschnitt!
Ich(86): Warum? Frierst Du etwa?
Ich(17): Nein! Wa . . . willst Du etwa sagen ich, ... eh wir sind auf dem Mars?
Ich(86): Ganz genau und mittlerweile leben hier eine viertel Million Menschen.
Ich(17): Und wo kommt der Sauerstoff zum Atmen her und was ist mit den Abgasen?
Ich(86): Das mit dem Sauerstoff war das geringste Problem, obwohl zuerst Wasser dissoziiert wurde haben wir aufgrund der begrenzten Ressourcen umgestellt auf ein wesentlich effizienteres Verfahren, nämlich die Zerlegung des Kohlenstoffdioxids, der Pole. Wir sind hier lediglich 500 km vom nächsten Flöz entfernt. Abgase waren ein Problem, als früher die Autos mit Brennstoffzellen funktionierten, weil beim Zerlegen des Wassers außer Sauerstoff ja auch Wasserstoff frei wurde. Dieser wurde als Treibstoff genutzt, führte aber zu einem erhöhten Sauerstoffverbrauch und so hoher Luftfeuchtigkeit, dass sogar die Spezialpolymerkuppel, welche die Stadt schützt, beschlagen ist. Jetzt kommt die gesamte Energie aus 2 Kernreaktoren und einem Versuchsreaktor zur Kernfusion, was aber immer noch nicht ganz klappt. Die stehen, wie auch die Anlagen zur Zerlegung, bei dem gefrorenen Kohlendioxid.
Ich(17): Das ist ja Wahnsinn was hier an Technik drin steckt, und das in der Zeit! Außerdem, wo kommt überhaupt das ganze Geld dafür her?
Ich(86): Nachdem in Russland 2005 Putin abgesetzt, und durch demokratischer Abstimmung ein kapitalistischer Regierungschef gewählt war überschlugen sich die geäußerten Vorstellungen bezüglich einer Internationalen Gemeinschaft geradezu. Europa hatte mit dem Euro, der sich nach Anlaufschwierigkeiten doch etablierte gezeigt, was eine gemeinsame Währung für Vorteile mit sich bringt und so wurde schon wenig später auch eine Internationale Währung eingeführt, die aber bis heute nur virtuelle Zweitwährung ist, jedoch ist der Kurs festgesetzt, was die Möglichkeit der Währungsspekulationen für uns an der Börse hat wegbrechen lassen. Vor dieser Währungsunion jedoch schlossen sich ESA, NASA und eben auch alle anderen Raumfahrtinstitutionen und -agenturen zur IASS zusammen, die das „Settling-Projekt“, begonnen und bis hierher geführt hat.
Ich(17): Und wie ist es auf der Erde so geworden mit der Umwelt? Wir haben ja noch vorausgesagt bekommen, dass die Pole schmelzen und alles untergeht.
Ich(86): Ja, ich erinnere mich an diese Schwarzmaler. Nun, sicherlich ist es nicht unbedingt besser geworden, aber mittlerweile haben wir erkannt, das zumindest in Bezug auf die Erderwärmung ganz andere Sachen eine Rolle spielen. Denn wie will man eine Treibhaustheorie aufrecht erhalten, wenn es bei einem Kohlendioxidgehalt, der das 3-fache des aktuellen war, eine Eiszeit gab? Was allerdings bis etwa 2010 immer schlimmer wurde, war das Ozonloch, welches sich aber danach wieder regenerierte. Wahrscheinlich waren dann die FCKW abgebaut, oder es gibt noch eine Begründung, die wir nicht kennen.
Ich(17): Das ist ja erfreulich, aber hat sich Atomenergie auch auf der Erde durchgesetzt oder nutzt man dort andere Quellen?
Ich(86): Also es gibt immer noch viele Gegner und hier ist es ganz einfach sicher, weil die Reaktoren 500 km entfernt stehen. Die neuesten Projekte diesbezüglich sind riesige Sonnensegel, die mit hochleistungsfähigen Solarzellen ausgestattet sind. Diese leiten die Energie einem Kollektor zu. Das ganze muß die Erddrehung mitmachen, denn auf dem Boden sorgt eine Empfangsstation dafür, das die Energie mit einem Laser aus dem All auf die Erde übertragen wird. Aber auch hier gibt es noch Probleme mit der Wolkendecke, die den Wirkungsgrad so stark herabsetzt, dass zu wenig Energie ankäme, besonders um größere Städte zu versorgen. Dazu kommt, dass wenn die Basisstation zwischen den beiden Wendekreisen liegt, die Erde ihren Schatten auf das Sonnensegel wirft. Das ist zwar nur einige Tage der Fall aber eben ein Problem.
Als ein Lautsprecher auf einmal schrill verkündete, das sich alle Personen unverzüglich zur Besprechung melden sollten schrak ich auf und als ich mein Gegenüber anblickte, konnte ich feststellen, dass er auch beunruhigt war.
Bei der Versammlung stellte ein Mann in Uniform sachlich fest, dass eine Lawine aus Kohlendioxideis ein Kraftwerk zerstört hat und der Strom des anderen allein wahrscheinlich nicht reichen wird Sauerstoff für die restlichen 5 Monate bis Erdannäherung bereitzustellen.
Verdammt, nun war ich endlich in der Zukunft und sollte jetzt sterben. Das war für die viertel Million Menschen so schon eine Katastrophe, aber ich fing an, mich zu fragen warum der Spiegel dieses Treffen mit mir organisiert hatte. Und weil ich keine Hoffnung mehr hatte hier wegzukommen, hielt ich mich an mir selbst fest. Ich mußte dabei die Augen zugemacht haben, aber als ich sie wieder offen hatte lag ich vor dem Spiegel. Das Laken war darübergedeckt und es war schon 2 Uhr früh. In dieser Nacht träumte ich nicht mehr, aber was ich meiner Frau Ende Januar 2045 sagen werde, das weiß ich jetzt.
Inhalt
Die Hausaufgabe lautete: Beschreibe anhand einer Erzählung, wie Du Dir Deien Zukunft vorstellst. Inszeniere dazu ein treffen mit Dir selbst. (2213 Wörter)
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von unbekannt
Schlagwörter
Zukunft | Zukunftsvorstellung | Begegnung | Aufsatz | Deutsch | Dialog | Spiegelbilder | Treffen in der Zukunft mit sich selber
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